Miccone

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Som
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Miccone? [Mi'ko:nə]

Was'n das?

Ich kannte es auch nicht. Bis ich bei Stöbern in Youtube auf der Suche nach Mantovane Rezepten auf dieses Video von Maestro Filoppo Lanza gestoßen bin:

Come fare Il Miccone

Wer kein Italienisch kann: einfach Ton aus, Musik an und die Bilder genießen. Ich verstehe auch nur höchstens ein viertel von dem, was er so sabbelt.
Er ist Inhaber einer Bäckerei in Pavia, südlich von Mailand. Und das Miccone ist anscheinend eine Brotform, die typisch ist für diese Region. Wobei Brotform sehr bezeichnend ist. Denn der Teig ist wie bei fast allen italienschen Broten, nur die Form ist speziell. Aber mich hat dieses Video so fasziniert, dass ich dieses Brot unbedingt mal nachbacken musste.

Der Teig ist recht einfach. Ein Hefevorteig mit Salz (Pasta Vecchia)

Zutaten für Vorteig Pasta Veccia
1 g Frischhefe
2 g Salz
60 g Wasser
100 g Weizenmehl 405 (kleberstarkes Mehl W350)

Vermischen und im Kühlschrank über Nacht gehen lassen.

Für den Hauptteig alle Zutaten mischen und ca. 10min verkneten.
350 g Wasser
18 g Frischhefe
12 g Salz
600 g Weizenmehl 405 mit hohen Klebergehalt
Vorteig Pasta Veccia

ich habe als Mehl das Caputo Cuoco genommen, das einen W-Wert von 300-320 hat.

Nun fängt der spezielle Teil an: Das kneten des Teiges. Ich nenne es "Rollen und falten".
Der Teig wird mit dem Nudelholz ausgerollt. Dann wieder zusammengefaltet. Und wieder ausgerollt, und wieder zusammengefaltet. Zwischendurch, wenn das ausrollen schwer wird, einfach mal 5 min entspannen lassen, dann gehts wieder.
Das Verfahren ist ähnlich wie beim Blätterteig herstellen, oder beim Schmieden von Damaszener Stahl. :mrgreen: Der Teig sollte mindestens 6-8mal gefaltet werden. Das sind dann 64-256 Lagen. Sinn der Übung ist es, die Klebermoleküle möglichst in die Länge zu ziehen und zu vernetzten.
Die Italiener haben dafür in der Bäckerei eine eigene Maschine. Das kann hier bei Minute 9:20 in dem Video gut sehen.

Am Ende des Rollen und Faltens den Teig nochmal in ein längliches Rechteck ausrollen.
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Von der Längsseite her einrollen.
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Die Wurst dann in die Länge rollen, und in der Mitte etwas einkerben (mit der Handkante)

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In der Mitte fassen, und die beiden Enden verdrehen. (Video 13:45)

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Nun die Hände an beide Seiten der Spirale legen und wie eine Ziehharmonika zusammendrücken.
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In die Mitte mit einem Rundholz oder der Handkante eine Delle reindrücken.
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Nun etwa eine Stunde abgedeckt mit Plastik ruhen lassen. Es darf sich keine Haut bilden.
Der Teig sollte sich deutlich vergrößert habe, aber noch nicht verdoppelt (knappe Gare)

Der Länge nach tief einschneiden, dann bei 190°C, fallend auf 170°C mit Schwaden backen.
Das Brot wird sehr hell ausgebacken.
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Das Brot hat eine wunderbar weiche, flauschige Krume. Saftig, aber dennoch nicht klebrig. Geschmacklich sehr neutral. Ein ideales Brot, um Soßen aufzunehmen, Salami zu unterstreichen, Käse geschmacklich zu heben. Es ist ein sehr italienisches Brot, wenig Eigengeschmack, aber eine wunderbare Ergänzung zu einem kräftigen Hauptgang.

Ob die aufwändige Formung sein muss? Keine Ahnung. Ist hat typisch für die Gegend. Ich bin sicher, wenn man den Teig nach dem Rollen und Falten einfach nur Rundwirken würde, wäre das bestimmt auch ok.
Spannend finde ich wieder, dass es keinerlei Stückgare gibt. Der Teig wird geknetet, gerollfaltet, und sofort geformt. Aber die Krume ist echt der Hammer!
Am Ende wird alles gut.
Ist es nicht gut, ist es nicht zu Ende.
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Bäiderlasbou
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:twothumbs: :twothumbs: :twothumbs:

Sehr interessant... :Daumen:
:cheers:
LG Ingo

Tradition ist nicht das Aufbewahren von Asche sondern das Erhalten der Glut
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Flechten und Knoten mit Dr. Som! :Daumen: :respekt: :mrgreen:

Sieht gut aus. Muss ich auch mal probieren. :twothumbs:
Cheers
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mortomanos
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Der Gunther bastelt immer Neues als wenns um den nächsten eigenbau Grill geht.
Als Stahlwerker bin ich da schon Grobschlächtiger und auch nicht mehr ganz so Neugierig.Die Berichte lesen sich aber immer wieder schön.Auch die herangehens weisen sind mal was anderles.Mir reichen beim Backen jetzt nur ein paar Sachen die Wöchentlich wechseln.
Ab demnächst gibs auch wieder Laugengebäck,nachdem ich ja mein Handwerkszeug vom letzten Jahr der Italienischen Nonna geschenkt hab zum Abschied.
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Som
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Nachtrag zum Thema Rollen und Falten:

ich habe Osterpinze gebacken.
Den fertigen TEig halbiert. Die eine Hälfte nach Rezept verarbeitet: Ruhen lassen, Strech&Fold, rundformen, gehen lassen
Die andere Hälfte wie oben beschrieben ohne Stockgare mehrmals ausgerollt und zusammengefaltet, 9 mal, also 512 Schichten.
Dann straff rundgewirkt und am Stück gehen lassen.

Beide gleichzeitig gebacken.
Und, ja, ich finde, mit der Roll & Falt Methode wird der Teig flauschiger, weicher, wolkiger.
Ist zwar deutlich mehr Arbeit, aber es lohnt sich!
Am Ende wird alles gut.
Ist es nicht gut, ist es nicht zu Ende.
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flyingman
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Hey Som, hatte gerade drüber nachgedacht, wie ich das Osterbrot dieses Jahr backe. Als Zopf geflochten hatten wir letztes Jahr.
Tatsächlich spukte mir Deine Falttechnik im Kopf rum, so eine beulige Form würde mir gut gefallen.

Und Dein letzter Post bestätigt das ja. :5:
:danke:
Cheers
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:cheers:
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Som
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Wobei das "Rollen & Falten" ja nur eine andere Art der Knettechnik ist. Wie das Teil nachher aussieht, ist davon unabhängig.

Bei meinem Osterpinze Versuch habe ich auch, nach dem ich mehrmals ausgerollt und gefaltet hatte, den Teig trotzdem anschliessend rundgewirkt und als einen runden Laib mit Einschnitt gebacken. Ich habe nur leider keine Bilder gemacht.

Das "Rollen & Falten" sorgt also nur für die feine Struktur der Krume. Egal ob man nachher rundwirkt, flechtet oder rollt.

Aber Vorsicht: ich glaube, das funktioniert nur eher trockenen Teigen, weil ja beim ausrollen kein Mehl verwendet werden soll. Ich habe es noch nicht über TA 160 versucht.
Am Ende wird alles gut.
Ist es nicht gut, ist es nicht zu Ende.
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flyingman
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Hast schon recht. Am Ende war der Teig vom Osterbrot tatsächlich nicht fest genug für ausgefeilte Roll- und Faltechnik. Selbst von GöGas Flechtwerk war am Ende nicht mehr viel zu erkennen:

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Aber geschmeckt hat es trotzdem! :mrgreen:
Cheers
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Som
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Bei mir hats funktioniert.

ich habe als Grundlage das Rezept der Osterpinze vom Plötzblog genommen. Das ergibt einen sehr festen Teig, fast schon zu fest. Das Ausrollen war richtig anstrengend, trotz vieler Entspannungspausen.

Und, als ich schon dabei war, habe ich gleich alternative Fomen probiert.
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Sehr lecker, sehr fluffig.
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Am Ende wird alles gut.
Ist es nicht gut, ist es nicht zu Ende.
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